Diese Vorstellung wird präsentiert von "Abgefuckt liebt Dich":

Nüchtern Unerträglich (Kotzreiz)

Veröffentlichung: 20.03.2020, Medium: CD

Nach all den Jahren haben die drei Berliner es endlich geschafft neben ihren anderen Bühnenverpflichtungen wieder ein neues Album zu veröffentlichen. Die acht Jahre nach dem letzten Album waren meiner Meinung nach auch arg zu lang. Mit dem Debütalbum Du machst die Stadt kaputt und gleichnamigen Hymne an Berlin war die Band bereits ein kleines Evergreen gelungen. Das Album lief damals vor 10 Jahren bei mir rauf und runter. Zwei Jahre später mit Punk bleibt Punk knüpften sie direkt an das Vorgänger-Album an und lieferten ein sehr gutes Album ab. Ab da waren sie für mich fester Bestandteil des deutschsprachigen Punkrock-Dschungels.

Das Album Nüchtern unerträglich erschien bereits am 20.03.2020 auf dem Label Aggressive Punk Produktion und hat mit 11 Songs eine Laufzeit ohne Intro von fast 24 Minuten. Viele der Lieder sind nur über 2 Minuten lang, manche sogar kürzer, was dem Album, aber keineswegs schadet, sondern dadurch eher besticht. Kotzreiz sind ihrem Sound seit ihrem Debüt treu geblieben: eine Mischung aus schnellen, schmutzigen Riffs gepaart mit Rock und Pop Einflüssen der 70er und 80er. Vor allem durch die zum Teil prägnanten Texte und die Kürze der Songs bringen sie eine Unverkennbarkeit mit, die einfach nur Spaß macht und Ohrwurmgefahr bietet.

Nach dem halbminütigen Intro beginnt das Album mit seinem gleichnamigen Song Nüchtern unerträglich. Der Song ist keine Ode an den Alkohol, wie der Titel suggerieren lässt, sondern eine schöne Auseinandersetzung mit sich und dieser ambivalenten, unlogischen und frustrierenden Realität. Doch erst besoffen kommt die Einsicht, „dass die Welt keinen Sinn“ ergibt – vielleicht ist da was Wahres dran. Toilettenstern verkörpert die Art von Romantik, die weder cringe noch so süß ist, dass man direkt kotzen möchte - einfach schön. Denn jeder kennt diese Situation, die Arbeit war stressig und jeder möchte raus, sich ablenken in der Kneipe, vor der Bühne oder im Club. Dort begegnest du jemanden, aber traust dich nicht denjenigen kennen zu lernen, andersrum genauso. Zum Glück überwindet sich jemand dann doch und du wirst zum Toilettenstern. Die Gegenüber nimmt hier Emilie Krawall (Frau Mansmann) ein und belebt damit so richtig dieses Lied. Boys Don’t Cry von The Cure sollte jedes Kind kennen, die etwas andere Homage bietet Punkboys Don’t Cry. Jeder hat schon erlebt, wie Freunde sich von einem abgewendet haben und völlig andere Wege gegangen sind. Manchmal kommen einen dann Erinnerung hoch und dann „sitz ich allein an der Bar ich trink für uns zwei but Punkboys dont cry“. Ich würde es sehr feiern, wenn das gesamte Publikum bei kommenden Festival dieses Lied schmettern kann. Ratten im System wurde bereits 2015 veröffentlicht, fünf Jahre früher als dieses Album – Standard fünf Jahre früher die erste Single zu entkoppeln. Dieser absolut treibende Beat manifestiert eine Hymne auf die Subkultur des Punks. Wenn Nix zu verlieren aus den Boxen dröhnt, rieche ich Sonnencreme, den Grill und schmecke schon das Dosenbier. Das Lied macht direkt gute Laune und ist einfach klassischer Sommerhit. Im letzten Lied des Albums Der räudige Aal wird das Trio noch von Andrea Pestpocken (Pestpocken) unterstützt. Die Message des Songs kann ich absolut unterschreiben und mit dem Zitat von Joe Strummer zum Abschluss bringen: „In fact, punk rock means exemplary manners to your fellow human being. Fuck being an asshole, what you pussies thought it was twenty years ago.“

Kotzreiz hat es wieder geschafft mit 10 heterogen klingenden Lieder eine Mischung aus Nostalgie, derbe gute Laune und Lust auf das nächste Bier zu erzeugen. Für mich zählt dieses Album zu den besten dieses bescheidenen Jahres 2020. Drei Alben in 10 Jahren, die begeistern und keines irgendwo zischen halbgar oder Mittelmaß spielen, sprechen für sich und da bleibt nur zu sagen, acht Jahre bis zum vielleicht nächsten Album ist doch sehr lang. Ich freu mich einfach dieses Trio wieder auf irgendeiner Bühne zu sehen und bei einigen Liedern einfach mitzugröhlen.


Songs:
Dusty 0:31
Nüchtern unerträglich 3:09
Wer ist wieder da 1:09
Toilettenstern 2:12
Eiskalte Ohren 2:19
Punkboys Don’t Cry 4:17
Ratten im System 2:49
Sambuca Beach 1:14
Nix zu verlieren 2:26
Ich bin ein Wrack 1:13
Der räudiger Aal 2:18


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Aggressive Punk Produktion

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